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»Being Charlie Kaufman«

Adaption – Adaptation

Auf der Berlinale erhielt "Adaption" den Silbernen Bären der Jury. Nun kommt der Film, der sämtliche Regeln des Filmgeschäfts außer Kraft setzt, in die deutschen Kinos.

Charlie Kaufman wurde für sein Drehbuch zu "Being John Malkovich" für den Oscar nominiert. Darin ergründete Kaufman gemeinsam mit Regisseur Spike Jonze auf groteske, bis dahin unvorstellbare Weise, wie es im Kopf des Menschen aussehen könnte. Als Forschungsobjekt musste Schauspieler John Malkovich herhalten. "Erfolg zu haben ist nicht schwer, Erfolg zu wahren umso mehr". Diese Erfahrung macht dann aber auch Charlie Kaufman, sieht er sich doch damit konfrontiert, einen würdigen Nachfolger für "Being John Malkovich" zu schreiben.

Charlie Kaufman (Nicolas Cage) wird von Selbstzweifeln geplagt
Foto: Columbia TriStar
Um nichts anderes geht in "Adaption": Um die Beziehung zwischen Wirklichkeit und cineastischer Illusion. Wo setzt man die Grenzen, wo heben sie sich auf? Ergründete Kaufman in "Being John Malkovich" noch mit dem wandlungsfähigen Schauspieler eine dritte Person, stellt er in "Adaption" selbst die Hauptfigur (und wird dabei von Nicolas Cage gespielt). Dabei soll er eigentlich nur den Bestseller "The Orchid Thief" von Susan Orlean (Meryl Streep) adaptieren.

Es ist nicht nur die Angst vor dem weißen Blatt, mit der sich Charlie Kaufman konfrontiert sieht, es ist auch die Tatsache, dass sein Zwillingsbruder Donald (ebenfalls Nicolas Cage), inspiriert von Charlies Erfolg, ebenfalls ein Drehbuch schreibt, das ganz anders als das seines Bruders ist: Konventionell, gefällig und vorhersehbar. Aber Donald hat auch Erfolg bei den Frauen, wohingegen Charlie Nacht für Nacht masturbierend auf seinem Bett verbringt, bei der Damenwelt regelmäßig versagt und daran verzweifelt, aus einem Buch ohne Handlung, in dem es lediglich um Orchideen geht, ein Drehbuch zu schreiben. Und das alles bringt Charlie zur Verzweiflung, bis er beschließt, eben darüber zu schreiben: Dass er es nicht schafft, Orleans Werk zu adaptieren und dass ihn das zur Verzweiflung bringt.

Nach dem großen Erfolg von "Being John Malkovich" ist es verständlich, dass Regisseur Spike Jonze und Drehbuchautor Charlie Kaufman erneut als Team auftreten und versuchen, den Erfolg zu wiederholen. In "Adaption" amüsieren sie sich auf eine sehr subtile Weise über die Filmindustrie. Das Ganze ging sogar soweit, dass sie Donald Kaufman, eine fiktive Figur, als Co-Drehbuchautor vermerkten und dieser daher gemeinsam mit Charlie Kaufman für den Golden Globe nominiert wurde.

Autorin Susan Orlean (Meryl Streep) entspannt auch gern
Foto: Columbia TriStar
Die größte Stärke von "Adaption" neben dem Drehbuch ist die Besetzung: Die Rollen der Kaufman-Zwillinge übernimmt Nicolas Cage, der zuletzt in "Leaving Las Vegas" eine so starke Figur gab und dafür mit dem Oscar belohnt wurde. Erlebte man in Action-Filmen wie "Con Air" oder "Face Off" den durchtrainierten Helden Cage, wird er in "Adaption" von Haarausfall und deutlich sichtbarem Übergewicht geplagt. Meryl Streep, sonst eher dafür prädestiniert, brave und biedere Rollen zu spielen, hat einen großartigen Auftritt als sexsüchtiges Drogenopfer. Und Chris Cooper, der den Orchideenforscher John Laroche spielt, tritt ganz ohne Schneidezähne auf. Sie alle wurden für den Oscar nominiert.

Der Prozess der Adaption, die Anpassung, ist das Leben. Jonze und Kaufman zeigen, wie sich Menschen und Tiere ihrer Umgebung, wie sich die Augen dem Licht und die Welt dem Menschen anpassen. Jonze bewies, wie grotesk er sein kann, indem er die MTV-Serie "Jackass" kreierte, doch mit "Adaption" ist er in der Sphäre der Coen-Brüder angekommen. Einfach mal Charles Darwin auftreten zu lassen und somit seine Wissenschaft zu thematisieren? Kein Problem. Nicht für Spike Jonze und Charlie Kaufman. Sie sind so waghalsig, sämtliche Regeln des Filmgeschäfts zu übergehen und machen damit "Adaption" zu einem der wildesten und kubistischsten Filme der letzten Jahre.

Sachar Kriwoj

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