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A.I. - Künstliche Intelligenz

Ein begonnenes Werk von Stanley Kubrick, welches Steven Spielberg vollendet hat, sollte eigentlich für einen Film der Extraklasse bürgen. Leider wusste Spielberg nicht wann es genug ist und lässt "A.I." zu einer endlos langen Farce verkommen.

In einer hoffentlich noch weit entfernten Zukunft steht die Wissenschaft vor einem Quantensprung bei der Konstruktion von künstlicher Intelligenz. David - ein kleiner Junge - ist der Prototyp einer neuen Generation von Roboter. Diese können nicht nur genau so agieren wie Menschen, sondern sie können auch lieben. Nun geht es nur noch darum dieses Programm zu testen und dafür wählt man die Familie Swinton aus, welche David als ihren Sohn annehmen soll. Die Swintons haben nämlich ein besonderes Schicksal zu beklagen, liegt deren Sohn Martin doch schon seit fünf Jahren im Koma. Mit den Erscheinen von David erwacht auch wieder die bis dahin völlig lethargische Monica und aktiviert bald nach seiner Ankunft den "Gefühlschip". David sieht Monica nun als seine Mutter an welche er über alles auf der Welt liebt. Alle sind zufrieden, doch dann geschieht das Unvorstellbare. Sohn Martin erwacht aus dem Koma und kann schon bald darauf wieder nach Hause entlassen werden. Dieser eifert mit David um die Gunst der Mutter und schon bald kann Martin seinen Kontrahenten bei seinen Eltern anschwärzen. Daraufhin soll David zurück an die Erzeugerfirma geschickt und deaktiviert werden.

Der kleine Junge, der nicht menschlich ist.
Monica allerdings ist nicht bereit David abschalten zu lassen und setzt ihn deshalb gemeinsam mit seinem kleinen Freund Teddy - ein Supertoy welches sowohl sprechen als auch laufen kann - im Wald aus. David ist verzweifelt, hat ihn doch seine über alles geliebte Mutter einfach ausgesetzt. Er führt es darauf zurück das sie lieber einen echten Jungen als bloß eine Kopie davon hat. Deshalb beschließt er, sich auf die Suche nach der blauen Fee zu machen. Diese nämlich - so hat es ihm Monica in einer der zahlreichen Gute Nacht-Geschichten erzählt - hat auch schon Pinocchio in einen lebendigen Jungen verwandelt. Gemeinsam mit Teddy trifft er auf Gigolo Joe, der David nach anfänglichem Zweifel hilft die blaue Fee zu finden....

Schon anfang der 80er Jahre wurde Stanley Kubrick durch die Kurzgeschichte "Superspielzeug hält den ganzen Sommer" von Brian W. Aldiss (nachzulesen übrigens in der aktuellen Ausgabe von "Ray") zu der Handlung von "A.I." inspiriert. Leider hielt er es damals für unmöglich seine Visionen mit der damaligen Technologie glaubwürdig zu realisieren, deshalb verschwand sein Projekt wieder in der Schublade. Vergessen hat er es allerdings nicht, doch leider war es ihm nicht mehr vergönnt sein Baby selbst zu verfilmen. Steven Spielberg nahm sich des Projekts seines Freundes an und schließlich gelang es doch noch das von Kubrick begonnene Werk in die Kinos zu bringen. Doch bei aller Wertschätzung für Spielberg, dass er das Projekt seines verstorbenen Regiesseurkollegen doch noch finalisierte: "A.I." ist aufgrund der extrem hohen Erwartungshaltung eine einzige, herbe Enttäuschung.

Noch selten zuvor konnte man in einem Film einen stärkeren Kontrast zwischen den agierenden Schauspielern und der Handlung in welcher sie sich bewegen erkennen. In der zwar vom ethnischen Standpunkt aus höchst interessanten, aber leider recht dünnen und mit Fortlauf immer hanebücheneren Story, liefern sämtliche Haupt- und Nebendarsteller eine oscarreife Vorstellung ab. Doch das rettet den Film leider nur bedingt, watet die Story doch viel zu tief im Kitsch, wird zusehends zielloser und endet mit einem an den Haaren herbeigezogenem, peinlichem Finale.

Die Welt, die wir uns noch nicht vorstellen können: Menschliche Roboter.
Die Handlung kann man in drei fließend ineinander überlaufende Kapitel einteilen. Die erste Stunde lang hält man sich ziemlich genau an die Vorlage von Aldiss und zeigt, wie Roboter David von der Familie aufgenommen und langsam aber sicher vom Haushaltsgegenstand zum Familienmitglied "befördert" wird. Dieser Teil ertrinkt zwar nahezu im Kitsch, ist aber dennoch äußerst feinfühlig und sympathisch und dank der Leistungen von Osment und O'Connor macht es wirklich Spaß dem Geschehen zu folgen. Doch zu dem Zeitpunkt, als Monica David im Wald aussetzt um ihn vor der Deaktivierung zu bewahren, ist der Film eigentlich schon zu Ende. Was danach folgt ist äußerst mühsam zu ertragen und es ist noch ein sehr langer Weg hin zum Abspann.

David trifft auf Roboter Joe, dessen Aufgabe es ist einsame Frauenherzen zu beglücken. Sowohl die einleitenden Dialoge zu Beginn des Films als auch Joe stellen die Kernfragen: Wie weit darf man bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz gehen? Wie schaut es mit der Verpflichtung der Menschen gegenüber den Roboten aus, wenn man ihnen Gefühle verleiht? In diesem Film ist die Wissenschaft zu weit gegangen, denn man entwickelte in einer derartigen Geschwindigkeit Roboter nach menschlichem Ebenbild, sodass man sich eines Tages eingestehen muss die Entwicklung nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Einige Gruppierungen veranstalten deshalb das alljährliche Fleischfest, auf dem nicht registrierte Roboter im Rahmen einer Show standesrechtlich auf grausame Art und Weise demoliert werden. Diese ziemlich kranke Veranstaltung ist der Ausgangspunkt zum zweiten Teil der Geschichte. David begibt sich gemeinsam mit Joe auf die Suche nach der blauen Fee, die auch schon Pinocchio in einen richtigen Jungen vewandelt hat. Ziellos wandert man umher, doch dann hat Joe die rettende Idee: Dr. Know (eine Jahrmarktsattraktion) muss befragt werden, denn der weiß alles - und prompt teilt er David mit, wo er die blaue Fee finden kann.

Als ob diese Suche nach der blauen Fee nicht schon eine ziemlich, ähem, schwachsinnige Idee wäre, so geht Spielberg noch einen Schritt weiter: David findet die blaue Fee - zwar nicht unbedingt so wie er sich das vorgestellt hat, aber immerhin. Wäre der Film jetzt zu Ende gewesen, hätte man noch einigermaßen wohlgesonnen den Kinosaal verlassen können, aber was Spielberg in den letzten 25 Minuten fabriziert hat, stellt jeden Kitsch, der jemals über die Leinand geflimmert ist, in den Schatten. Gegen diese letzten Filmminuten ist Spielbergs "E.T." ein Hardcorestreifen. Völlig abstrus zieht man diesen völlig unnötigen Teil in die Länge und obwohl man zwar feinfühlig und mit wunderschöner Musikuntermalung auf die Tränendrüse drücken will, muss man ob der peinlichen Dialoge eher schon lachen. Wie kann einem nur so ein Schwachsinn einfallen?

So sind es neben den Schauspielern die kleinen Dinge des Films, welche ihn gerade noch ins Mittelmaß heben. Der Off-Kommentar von Ben Kingsley ist ebenso einfühlsam wie der von Robin Williams gesprochene Dr. Know witzig, die Special Effects stehen auf ziemlich hohem Niveau (allen voran die perfekte Animation von Davids Teddy) und phasenweise ist die Musik echt zum dahinschmelzen. Diese Kleinigkeiten lindern den Ärger über eine vergebene Chance einen richtigen Kinohit zu landen zwar nur ein wenig, aber wie an einem Strohhalm klammert man sich halt an diesen kleinen Freuden.

"A.I." hätte eine wesentliche Reduktion der Spielzeit mehr als gut getan. Sowieso schon lächerliche Szenen sind mitunter allzu sehr in die Länge gezogen und den letzten Part hätte man sich auf jeden Fall sparen können. Die ethnische Frage welche der Film aufwirft verdient natürlich seine Beachtung und könnte nach dem Kinobesuch sehr wohl zu der einen oder anderen Diskussion führen, doch wenn man einen Film mit dieser Thematik sehen will, dann greift man lieber zu "Der 200-Jahre-Mann".

"A.I." ist mit seinen zahlreichen im Kitsch ertrinkenden Szenen und einem Finale jenseits von Gut und Böse eine riesengroße Enttäuschung - noch dazu wenn man bedenkt, dass der Name Spielberg normalerweise für Qualität bürgt.

Claus Schlamadinger

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