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Al-Qaida: Ein Mythos?

Kaum ein anderer Name hat die letzten anderthalb Jahre so geprägt wie "Al-Qaida". Diese berüchtigte Terror-Organisation, die weltweit ein Netz von Bedrohung gesponnen hat und die westliche Welt in Atem hält. Fernsehmoderatoren, Journalisten und auch einfache Leute sprechen diesen Namen mit einem Hauch, ja, wenn nicht Angst, dann doch zumindest Respekt aus. Doch unser Wissen darüber ist relativ karg: Das Netzwerk, von dem 1959 in Saudi-Arabien geborenen Osama bin Laden gegründet, ist nach dem Vorbild alter beduinischer Gesellschaften aufgebaut und besteht aus lose miteinander verbundenen "Aktionsgruppen", die dezentral, d.h. ohne eine einheitliche Leitung, operieren. Das bringt den Vorteil mit sich, dass keine Zentrale, kein Kommandostab besteht, der eliminiert werden könnte. Vielmehr handeln die einzelnen Gruppen eigenständig; das einzige, was sie verbindet, ist die gemeinsame, von bin Laden geprägte Ideologie und das von ihm vorgegebene Ziel.

Doch wir müssen uns fragen: Ist denn "die Basis" des Terrorfürsten Osama tatsächlich so gefährlich? Verdient Al Qaida diese fast sagenumwobene Gefährlichkeit, die ihr zugeschrieben wird? Schauen wir doch mal nach hinten und fragen uns, was Al Qaida denn bisher Schlimmes angestellt hat. Gut, der 11. September. Zweifellos ein bösartiger Geniestreich, der der westlichen Welt eine tiefe Wunde versetzt hat. Es gab Tausende von Opfern. Dann, der Bali-Anschlag, hinter dem wohl auch bin Ladens Jünger stecken. Hunderte Tote, ebenso recht spektakulär. Und weiter?

Das ist zwar längst nicht alles, was Al Qaida in der neusten Zeit zugeschrieben wird, es gab noch mehrere "kleinere Anschläge". Im Wesentlichen wars das aber auch schon. Nachdem man sich das vergegenwärtigt hat, muss man wohl -zynisch, aber treffend - sagen: Mit Verlaub, zwei größere Anschläge in anderthalb Jahren: Das hätte man auch ohne eine Terror-Organisation geschafft. Der New Yorker Anschlag bedurfte einer Handvoll Leute, die erstens fliegen lernten und zweitens die nötigen Connections hatten, um ohne großes Aufsehen in die USA zu gelangen. Den Bali-Anschlag hätte auch ein "normaler" Hamas-Terrorist ausführen können - mehr als ein paar Bomben waren nicht benötigt.

Immer wieder sieht man im Fernsehen Meldungen, man habe islamistische Extremisten verhaftet (so zuletzt in Spanien). Und - wahrscheinlich, um der Verhaftung auch das nötige Gewicht zu verleihen - fügt man bedeutsam hinzu, die Festgenommenen hätten "Verbindungen zur Al-Qaida". Genaueres erfährt man aber nie. Al Qaida scheint mit der Zeit also immer mehr zu einer "terroristischen Generalklausel" zu verkommen, die immer wieder bemüht wird. Die Organisation selbst scheint sich dagegen eher schamhaft bedeckt zu halten. Was folgt aus all dem? Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist immer noch allgegenwärtig. Trotzdem ist davor zu warnen, die Bedeutung des Terror-Netzwerks von bin Laden zu überschätzen. Außer einer gemeinsamen diffusen Ideologie und vielleicht der Zurverfügungstellung von Finanzen tut "die Basis" nicht allzu viel "für ihr Geld". Doch ist beides in der heutigen arabischen Welt sowieso relativ leicht zu bekommen.

Alexander Archangelskij

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