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Berliner Platz (22): Dort, wo die Barbaren hausen

Wir armen, gebeutelten Hauptstädter. Zur Zeit geht es uns gar nicht gut: Nicht nur, dass dem Senat außer der Parole »Sparen, bis es quietscht« und einer, oberflächlich betrachtet, unverschämten Klage beim Bundesverfassungsgericht eigentlich nichts einfällt, um der Finanzmisere entgegenzutreten – nein, man hasst uns geradezu. Schnüff. Vor kurzem erschien unter dem infamen Titel »Hier spricht Berlin: Geschichten aus einer barbarischen Stadt« ein Buch, das Berlin-Hassern neue Nahrung liefert.

Das ist jedoch keine welterschütternd neue Erkenntnis. Die Berliner wurden vom Rest dieses Landes schon immer mit etwas Argwohn beäugt, und abwechselnd mit Hass oder Liebe bedacht. Während die einen in Verzückung verfielen, weil sie sich zu Mauerzeiten hier vor dem Wehrdienst drücken konnten, gerieten die anderen in Rage, wenn sie wieder erfahren mussten, wie hoch Berlins Sonderstatus subventioniert wurde – und was dann hier mit dem kostbaren Geld alles angefangen wurde...

Schon der Titel des oben erwähnten Buches verrät, dass es sich offensichtlich um wahre Jammerlappen handeln muss, die sich da aus enttäuschter Liebe rächen wollen. Natürlich ist Berlin barbarisch! Welche Großstadt ist das denn nicht? Und jetzt erzähle mir bitte keiner, London oder Paris seien ja sooo stilvoll, elegant, höflich etc. etc. Alles Humbug! Nur verweichlichte Schreiberlinge machen Barbarei am patzigen Barmädchen oder am betrügerischen Taxifahrer fest.

Aber nichts ist schöner, als seine Vorurteile bestätigt zu bekommen, oder? Vielleicht sind die Verfasser auch einfach nur schrecklich schnöselig und spießig. Vielleicht sind sie auch unfähig, sich auf ein anderes, neues Lebensumfeld einzustellen. Vielleicht ist es auch nur die passende Ausgleichsbewegung nach dem ganzen Geschwafel über Berlin, wo ja »so viel passiert« und es doch »total angesagt«, »hip« und »trendig« sein soll. Das war zuviel der Liebe und Zuneigung. Jetzt müssen die Ex-Neu-Berliner erstmal wieder lernen, Berlin zu hassen. Recht so! Wo kämen wir denn hin, wenn alle Welt Berlin plötzlich toll finden würde? Der gute Ruf unserer Stadt wäre dahin!

Dies darf keinesfalls geschehen.

Der Hass und die Abneigung der anderen ist doch unser Lebenselixir – schaut euch einfach an, woher die Autoren kommen: München. Dresden. Saarbrücken. Mal ehrlich – das sind doch keine Städte, die man guten Gewissens hassen kann. Langeweile, Gleichgültigkeit und die Heimat Oskar Lafontaines. Die rufen doch höchstens Schulterzucken hervor! Und genau deshalb ist Berlin auch die einzige wirkliche Großstadt, die Deutschland hat. Berlin polarisiert, reizt, erfordert Ausdauer und ruft Widerspruch und Widerstand hervor – drum sind solche Memmen, die beim ersten schnoddrigen Busfahrer-Spruch den Schwanz einziehen, hier auch völlig fehl am Platze. Trinkt Euren Latte Macchiato woanders!

Thilo Wendland

Liebe Münchener, Saarbrückener, Dresdner: Es tut uns sehr leid, dass unser Autor hier so fies über Eure Städte gelästert hat. Aber so sind Berliner eben manchmal. Ihr dürft auch gerne zurücklästern. :-)

Wir wollen wenigstens am Hass auf Berlin mitverdienen:
[Buch] »Hier spricht Berlin: Geschichten aus einer barbarischen Stadt« bei Amazon bestellen

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