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Berlin hat gewählt – Ein politischer Kommentar

Die Große Koalition zerbrach an den Folgen des Bankenskandals. Vier Monate konnte die SPD in der Übergangsregierung üben, jetzt wird es ernst: Sie müssen nach den Wahlen Farbe bekennen.

Nur gut zwei Jahre nach dem letzten Urnengang waren die Berliner erneut zur Wahl ihres Abgeordnetenhauses aufgerufen, und die Neuwahl brachte diesmal erdrutschartige Veränderungen mit sich. Dies hatte sich zwar schon in den Umfragen angedeutet, doch sind Prognosen eben noch keine Ergebnisse, und daher ist das Votum der Bürger schon erstaunlich und überraschend: Gewinne für SPD, PDS und FDP, wobei letztere zuvor aus ihrer jahrelangen völligen Bedeutungslosigkeit emporstieg, starke Verluste für die CDU, die fast 17 % ihrer Stimmen verlor, sowie leichte Einbußen bei den Grünen. Allerdings fällt der Sieg der SPD, die erstmals seit 1989 wieder stärkste Partei wurde, bei weitem nicht so hoch wie erwartet aus.

Feststeht: Berlin bleibt für die Parteien ein unsicheres und auch ungewisses Pflaster, denn der hiesige Wähler ist unberechenbar und wankelmütig. War nach den drei vorherigen Wahlen die Große Koaliton aus CDU und SPD noch unvermeidlich, weil ohne Alternative, so gibt es in der Hauptstadt nun völlig neue Kombinationen. Plötzlich ist die FDP wieder politisch präsent und eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen wird denkbar. Oder die, in weiten Teilen West-Berlins abgelehnte, rot-rote Koalition aus SPD und PDS. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat jetzt mehrere Optionen bei der Senatsbildung.

Die Ampelkoalition wäre schwierig, weil sie nur eine knappe Mehrheit der Abgeordnetenhaussitze auf sich vereinen könnte, und ein Bündnis mit der PDS wäre wegen der besonderen Situation Berlins, an der sich komprimiert der Zustand der inneren Einheit Deutschlands widerspiegelt, nicht gerade einfacher. Hierbei hagelt es harte Kritik aus der Wirtschaft, aber auch von denjenigen, die nicht einfach die Greuel der SED-Diktatur unter den Teppich kehren wollen. Für viele Berliner gerade im Westteil bleiben die Sozialisten als SED-Nachfolger eine inakzeptable Partei. Viel Arbeit also für Wowereit, denn leicht wird die Regierungsbildung nicht. Und ob der kommende Senat, in welcher Konstellation auch immer, die gesamte Legislaturperiode durchhält, ist wegen der gewaltigen Probleme Berlins nicht sicher. Als wichtiges bleibt zudem die Frage: Kann die neue Regierung überhaupt die Finanzkrise lösen oder einen Weg aus der wirtschaftlichen Misere finden?

Nach dem großen Wahlerfolg hofft die FDP auf eine Ampel.
In jedem Fall spannende und ereignisreiche Zeiten. Und die Verlierer von der CDU? Vernichtend geschlagen müssen sie nach langer Regierungszeit in die Opposition, sicher nicht ohne Wehmut und innerparteiliche Irrungen. Harte Wochen und Monate liegen vor ihr und auch die Zukunft ihres Spitzenkandidaten Frank Steffel, der es schwer hatte im Wahlkampf, ist noch ungewiss.

Mehr Fragen als Antworten, die sich für die Hauptstadt aus der Wahl vom 21. Oktober ergeben. Für die SPD könnte es am Ende ein Pyrrhus-Sieg gewesen sein.

Stefan Ewert

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