3 Engel für Charlie – Volle Power
Nach drei Jahren Pause folgt endlich die Fortsetzung zu
"3 Engel für Charlie". Und wie der Titel es verspricht – hier wird wirklich
Vollgas gegeben! Ein Gute-Laune-Trip, wie er besser kaum sein kann.
Ach ja, die guten alten 70er. Das Jahrzehnt, das uns den Afro-Look,
Plateau-Schuhe, den Disco-Sound, ABBA, Schlaghosen, Polyesterhemden,
Flowerpower, die Bee Gees, Franz Beckenbauer und die Ariel-Werbung brachte. Und
eben auch so denkwürdige Fernsehserien wie zum Beispiel "Drei Engel für
Charlie". So hieß dieser kultige, entwaffnend einfältige und bisweilen wirklich
herrlich stupide TV-Serienhit aus den Glam- und Glittertagen der Disco-Dekade,
die uns Farrah Fawcett, Jacklyn Smith und Kate Jackson als Jill Munroe, Kelly
Garrett und Sabrina Duncan bescherte und in der es eigentlich nie um das
allwöchentliche Kriminalrätsel ging, sondern vielmehr um die Frage, welche der
drei Damen diesmal in einen Swimming-Pool fällt.
Es war Regisseur Robert McGinty Nichol alias "McG", der den drei Damen vom Grill
anno 2000 in "Charlie's Angels" mit rasenden Handkanten, flotten Sprüchen und
geradezu umwerfend viel Sex-Appeal eine königlich vergnügliche Frischzellenkur
verpasste, die sich gewaschen und geföhnt hatte – und sich zum anderen als
frech-überdrehte Antwort auf de Palmas "Mission Impossible" verstand. Die
schwerelos-leichtfüßigen und stellenweise herrlich klamaukigen
Kung-Fu-Turnereien ließen geradezu spielerisch das Martial-Arts-Kino endgültig
an den Gestaden von Hollywood andocken, und das viel vergnüglicher und
unbeschwerter als das von John Woo etwa zeitgleich realisierte,
tranig-bierernste und stilistisch völlig verunglückte
"Mission-Impossible"-Sequel.
Die Story
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Es wird viel gesungen, getanzt und gelacht. Klamauk pur! |
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Drei Jahre und ein Box-Office-Ergebnis von rund 126 Millionen Dollar später geht
das adrette Wuchtbrummen-Terzett in die erwartete Verlängerung. Und die fällt
noch um ein markantes Quantum schneller, spaßiger, farbenfroher und
ausgelassener aus als der erste Teil. »Höher, weiter, schneller«,
das Prinzip eines jeden James-Bond-Films, hat auch Robert McGinty Nichol zur
Maxime für die zweite Mission der drei Glamour-Girlies erhoben. Und selten
dürfte es so viel Spaß gemacht haben, einen Film schon von der ersten Sekunde an
nicht für fünf Pfennig ernst zu nehmen: Allein der furiose Auftakt in einer
mongolischen Militärstation, in der die drei Engel einen gefangenen
US-Bundesmarshall befreien müssen und auf der Flucht mal eben einen
mittelschweren Weltuntergang anrichten, zeigt auf, wohin die Reise geht: Pop as
Pop can, Show und Attitüde, wohin man blickt und die Handkanten fliegen, und
mittendrin drei aprilfrische Megababes als die zarteste Versuchung, seit es
Arschtritte gibt. "Charlies's Angels" beginnen dort, wo Bond aufhört – und
das ganz konkret mit der völlig überdrehten Auftaktsequenz, die so ganz nebenbei
den Showdown aus dem jüngsten James Bond "Die Another Day" zitiert.
Danach geht es wie aus Teil eins gewohnt im Staccato-Takt
weiter: Statt eines entführten Software-Genies stellen diesmal zwei Titanringe,
in denen dank Mikrochip-Technologie sämtliche Personendaten des FBI-eigenen
Zeugenschutzprogrammes gespeichert sind, den klassischen Hitchcock'schen
McGuffin dar. Als einer der beiden Ringe abhanden kommt, werden die drei von
ihrem nach wie vor unsichtbaren Chef Charlie Townsend auf den Fall angesetzt
– und schon ist die Hölle los!
"Charlie's Angels – Full Throttle" liefert erneut furioseste, von Cheung
Yan-Yuen choreographierte und von Russel Carpenters stilsicherer Kamera
eingefangene Kampfszenen, deren Aufhebung sämtlicher Gesetze der Physik
schon beinahe der Virtuosität eines Ang Lee oder eines Zhang Yimou zur
Ehre gereicht und die zugleich mit soviel Selbstironie, so viel
Nonchalance, so viel kecker Phantasie und Spaß an comichafter
Übertreibung und Verzerrung daherkommen, dass der Zuschauer förmlich
mitschnippen möchte, wenn Dylan, Natalie und Alex das Verkloppen der
bösen Buben mit besten Haltungsnoten zelebrieren. Der Final-Showdown kommt im
Gegensatz zum überdrehten High-Tech-Spektakel des ersten Teils etwas
bodenständiger und handfester, aber nicht einen Deut weniger rasant
daher.
Die Schauspieler
Lucy Liu transponiert erneut auf sehr sympathische Weise die Rolle der
Sex-Ikone Ling Woo aus der Neurosen-Serie "Ally McBeal" aufs
Girlie-Action-Format: Im Beruf blitzschnell, routiniert, professionell,
sinnlich kühl und jeder Situation gewachsen, im Privatleben hingegen
verschusselt, unsicher und bisweilen geradezu entzückend auf
vorpubertäre Kleinmädchen-Verhaltensweisen regredierend, zum Beispiel,
wenn völlig überraschend der gestrenge Vater Munroe in der guten Stube
steht. Der Farrah-Fawcett-Gedächtnis-Pokal für die beste Föhnfrisur, den
häufigsten Kostümwechsel und das breiteste Perlweiß-Panorama zwischen
Wladiwostok und Tahiti geht erneut an Cameron Diaz, die mit
komödiantischem Können bei vollstem und überaus blondem Bewusstsein der
klare Star des Amazonen-Teams ist.
Als Stichwortgeber und Pointenlieferanten erster Güte präsentieren sich
in den Nebenrollen Bernie Mac als tölpeliger, aber absolut
unverzichtbarer Bosley (er ersetzte Bill Murray, der sich angeblich zu
oft mit Lucy Liu gestritten hatte) und der wie immer wundervolle
Monty-Python-Veteran John Cleese als Lucy Lius Vater. Ein sympathisches
Wiedersehen gibt es mit "Old School"-Star Luke Wilson als Loving
Interest von Cameron Diaz, während Lucy Liu weiter ihre nicht ganz
unproblematische Beziehung zu dem Filmschauspieler Jason (Matt LeBlanc)
weiterpflegen darf, der seinerseits im Finale mit einer wirklich
köstlichen "Mission Impossible 2"-Parodie aufwarten kann.
Eine illustre Schar von echten und verblichenen Hollywood-Größen
umschwirrt das quirrlige Damen-Trio. Justin Theroux macht als
sardonischer Ex-Knacki die eindeutig bedrohlichste Figur. Aber auch die
völlig abgehalfterte Demi Moore, einst im Ruf der bestbezahlten
Schauspielerin der Welt, kann sich als sinistrer Ex-Angel Madison Lee
mit finsteren Absichten markant in Szene setzen, wobei die ehemalige
Charlie-Mitarbeiterin mit ihren beiden großkalibrigen, goldenen
Automatik-Pistolen eindeutig den von Nicolas Cage gespielten manischen
Killer Castor Troy in John Woos brilliantem "Face/Off" referenziert,
ebenso verweisen die donnernden Shoot-Outs voller fliegender Körper und
Bullet-Time-animierter Geschosse auf das Woo-Werk.
Fazit
Man könnte sicher eine Menge über das entspannte, angeblich
postfeministische "Engel"-Frauenbild der Kinoversion anmerken. Tatsache
ist, dass das Sequel des Videoclip-Regisseurs Joseph McGinty Nichol
weniger auf die Exotik der Detektivinnentätigkeit setzt, sondern mehr
die popkulturelle Zitierfreude der letzten zehn Jahre produktiv macht,
indem es ironisch mit der TV-Vergangenheit des Stoffes und Vorbildern
aus dem Action-Kino spielt. Dies schlägt sich nieder in einer Kaskade
respektlosester Zitate und Verulkungen anderer Filmwerke, angefangen von
einer entzückenden "Blues Brothers"-Parodie inklusive
Schwester-Stigmata-Pinguin mit Rohrstock bis hin zum
"Flashdance"-Revival-Festival mit drei Engeln im Alex-Owens-Look. Das
ironische Spiel der Zitate erstreckt bis weit in die Vergangenheit des
klassischen Hollywood-Kinos, denn es tritt sogar auf: Ein "Dünner
Mann". In der Riege all dieser schrägen Charaktere stellt wie schon in
Teil 1 der wunderbare Crispin "George McFly" Glover in der Rolle des
manisch-exaltierten und auf Haarsträhnen versessenen "Thin Man" so etwas
wie die Seele und den heimlichen Superstar des Angel-Franchise dar.
Dreh- und Angelpunkt bleiben hingegen die drei Titelheldinnen, die wie
die gesamte Darstellerriege mit einer geradezu elektrisierenden
Darstellerfreude ans albern-quietschbuntige Werk geht und selbst nach
wüstestem Kampfgetümmel immer noch ausreichend Zeit finden, ihre
Haarpracht in sattsamer Zeitlupe zu schwenken. Die kaum zu zählenden
Kostümwechsel feiern den Sex-Appeal der drei Ladies, die selbst im
Nonnen-Ornat noch köstliche Schnuten ziehen. Selten dürfte wie mit
diesem Gute-Laune-Trip par excellence ein inzwischen geradezu
prähistorischer TV-Stoff so quicklebendig für das moderne Kino
revitalisiert worden sein. That's Pop!
Johannes Pietsch
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