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Die Faszination des Fußballs

Was macht die Faszination dieser Ballsportart aus? Was für Fans gibt es? Und welche Rolle spielen Frauen in dieser Männerdomäne? Dies sind nur ein paar der Fragen, denen Sachar in seinem Artikel nachgehen will.

Ich weiß nicht, wieso Menschen unterschiedlich sind. Die Wissenschaft mag das noch so geistreich anhand von DNA und Chromosomen erklären, doch für mich sind diese Erklärungen nicht mehr als Aneinanderreihungen von schwarzen und weißen Balken, die mir mein Biologielehrer versucht hat, näher zu bringen.

Wenn es ungefähr 5 Milliarden Menschen auf diesem Planeten gibt, dann ähneln sich nur wenige von ihnen so sehr, daß man sie anhand ihrer Interessen, ihrer Vorstellungen - kurz wegen ihres Charakters verwechseln könnte. Irgend etwas unterscheidet sie, und wenn es die perverse Vorliebe eines Fußfetischisten oder die Lieblingsfarbe ist. Aber in einem Punkt wird der größte Teil der Erdbevölkerung verbunden, und dieses Phänomen erfaßt wirklich jeden. Überprüfen Sie es in ihrem Bekanntenkreis. Der Fußball fesselt uns alle. Ja, wirklich alle. Auch Ihre Frau, Ihre Mutter, Ihren blinden Onkel, sie sind alle dazu versklavt, ihn zu lieben.

Meine Frau interessiert sich doch gar nicht für Fußball, werden sie jetzt sagen. Prinzipiell haben sie recht. Aber denken Sie doch an 1996 zurück, als Oliver Bierhoff das erste "Golden Goal" und Deutschland damit zum Europameister schoß, hat Ihre Frau da nicht gesagt, daß "der Bierhoff doch ein Hübscher" ist? Jeder geht auf seine eigene Art damit um, diesen Sport zu verstehen, ihn zu lieben und zu ehren.

Da gibt es die Fans der 1. Kategorie, die von frühester Kindheit an diesen Sport verfolgen, weil ihr Vater sie mal zu einem Spiel mitgenommen hat. Sie lieben nur einen Verein, haben in der Jugend selbst Fußball gespielt, wollten Profis werden, doch leider hat es dann nicht geklappt, weil "eine Verletzung auftrat". Sie geben ihr ganzes Geld aus, um eine Dauerkarte zu erwerben, die sich dann eingerahmt ins Wohnzimmer aufhängen. Sie reisen sogar zu Auswärtsspielen nach Madrid, und ihrer Frau machen sie schon mal ein Kompliment wie "Du bist mir fast so wichtig wie Schalke". Und die Frau freut sich, denn sie weiß, daß ihr Mann sie nur dann gut behandelt, wenn Schalke oben steht - und das passiert nicht gerade oft und ist vor allem nicht von Dauer, wenn es dann mal passiert. Diese Sorte von Fans wären glücklich, wenn sie nicht auf einem Friedhof begraben werden würden, sondern im Stadion "ihres Vereins".

Die Fans der 2. Kategorie sind weniger fanatisch, aber auch in ihrem Kopf dreht sich alles um Fußball. Sie lesen viel, verpassen kaum eine Liveübertragung, aber sie wissen, daß Fußball längst nicht nur ein Sport ist, sondern daß hinter der Fassade des Sports ein riesiges Wirtschaftsimperium steckt, das sie bei jeder Zusammenkunft mit einem anderen Fan der 2. Kategorie kritisieren müssen.

Überhaupt reden Fans der 2. Kategorie gerne über Fußball, über Leistungen von Co-Trainern, Platzwarte, Busfahrer. Niemand entgeht ihrem kritischen Auge. Während Fans der 1. Kategorie immer selbst Fußballer werden wollten, haben Fans der 2. Kategorie schnell erkannt, daß ihr Talent niemals ausreichen würde, um ein internationaler Topstar zu werden und diese kritische Einsicht hat ihnen einen neuen Traum eröffnet, den des Sportjournalisten. So sitzen sie oft in Horden und kritisieren sehr fachkundig das Spielverhalten Einzelner: "Der Zickler, ey, der kann ja nischt...der trifft den Ball nicht...der ist so schlecht...verdammt...wieso verkaufen die den nicht?"

Die Fans der 3. Kategorie sind verlogen und verhaßt. Das sind solche, die sich das ganze Jahr über nicht für Fußball interessieren, aber sobald sich die Endspiele nähern, werden sie ganz plötzlich zu Fußballfans. Dann heißt es auf einmal: "Schauen wir Bayern gegen Manchester bei Dir oder bei mir?" Dabei hat Dich die gleiche Person noch vor einem Monat gefragt, wie denn Cottbus in die erste Liga gelangt ist. "Das habe ich ja gar nicht mitbekommen, daß die in der 1. sind. Waren die schon immer da?" Jedenfalls sind solche "Fans" auch immer für die Falschen. Sie müssen immer gegen die Mannschaft sein, die man selbst unterstützt, und komisch ist auch, daß immer, aber auch wirklich immer, wenn man Fußball mit einem Fan der 3. Kategorie schaut, die eigene Mannschaft verliert. Und da der "Fan" ja für die anderen war, fühlt er sich in seiner Kenntnis absolut bestätigt. Darum sollten Fans der 3. Kategorie vorsichtig sein, wenn sie auf Fans der 1. Kategorie stoßen. Es könnte zu Verletzungen sowie Verbrennungen kommen.

Die Fans der 4. Kategorie sind die heimlichen Fans, die sich nur alle zwei Jahre für Fußball interessieren. Die Bundesliga sowie die europäischen Klubwettbewerbe interessieren sie gar nicht. Sie schauen die Nationenwettbewerbe wie Europa- und Weltmeisterschaft an und wundern sich dann jedes Mal, daß sie keinen einzigen Spieler kennen. "Sag mal, wo ist denn der Beckenbauer oder der Brehme", sind da noch die harmlosesten Sprüche. Nervig wird es erst, wenn sie Figo zu einem Italiener machen oder versuchen, die Leistung des Schiedsrichters zu analysieren. Dabei können nur wenige von ihnen das passive Abseits erklären, sofern sie es überhaupt verstehen oder wissen, daß es existiert.

Manche Frauen verteilen sich auf diese 4 Kategorien, wobei man ihnen zugestehen muß, daß sie sich in den letzten Jahren immer mehr dem Fußball geöffnet haben. Trotzdem schaffen es nur sehr wenige in die ersten beiden Kategorien. Und die, die es schaffen, sehen gar nicht gut aus. Aber dann gibt es noch die Frauen, für die man eigens eine Kategorie schaffen muß. Da sind solche Frauen, die gerne Illustrierte wie "Gala" oder "Bunte" oder auch "Bild der Frau" lesen.

Solche Frauen meinen, alles zu wissen, alles zu sehen und alles zu verstehen. Sie meinen, daß sie geniale Pädagogen und vor allem geniale Psychoanalytiker sind. Sie meinen, daß es keine dümmere Beschäftigung gibt, als Fußball zu schauen. "Schatz, macht es denn Sinn, hinter einem Ball herzurennen? Jetzt schalt doch mal um. Im ersten läuft....." Es läuft immer genau dann irgendeine Sendung, die ganz toll ist, wenn Fußball läuft. Immer. Ich hasse Soaps, ich hasse Dieter Thomas Heck, aber am meisten hasse ich "Explosiv". Diese Sendungen wollen mein Leben, und das Leben vieler Fans zerstören. Ist es denn sinnvoll, sich für das Leben irgendwelcher Prinzessinnen zu verfolgen und zu weinen, wenn ihr kleiner Prinz einen Reitunfall hat? Ist das sinnvoll? Oder aber über die neue Diät von Veronica Ferres zu reden?

Nun, ihr Frauen, fragt mal jemanden in Südamerika, wer Veronica Ferres ist? "Wer?", das wird die einzige Antwort sein, die Ihr darauf zu hören kriegt. Aber fragt mal nach Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann oder Franz Beckenbauer, und ihr werdet die Augen eines kleinen Kindes in Amerika, Afrika und Australien leuchten sehen, und dann werdet ihr vielleicht verstehen, wieso wir Fußball lieben. Die Augen eine Slumkindes würden gewiß nicht leuchten, wenn es die Titelmelodie von "GZSZ" hört, aber gebt ihm einen Fußball, und er wird euch sagen, er heißt Ronaldo.

Wißt Ihr was? In zehn Jahren wird dieser Junge Geld in Massen haben, und wir werden ihm zusehen, ihn lieben und hassen, seine Leistung analysieren. Er wird Schlagzeilen machen, die Ihr nur aus der "Gala" kennt, und dann werdet auch Ihr über ihn reden. Und vielleicht werdet Ihr auch mal ihn an seinem Arbeitsplatz sehen, dann werdet Ihr uns besser verstehen, dann wird die Scheidungsrate auf 0 sinken, überall werden sich die Leute lieben, es wird keine Umweltverschmutzung geben, Kriege werden der Vergangenheit angehören - und das alles werden wir dem Fußball zu verdanken haben.

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