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Der Showdown im Steuerparadies

Den Ruf eines der wichtigsten Nachkriegsunternehmer erwarb er sich als Chef von Boehringer Mannheim. Die Bekanntheit kam jedoch erst durch den Riesen-Deal zum absoluten Ende seiner Karriere, und ein wenig Geiz macht ihn schon fast berüchtigt.

Ein Durchschnittsverdiener runzelt bei diesem Husarenstück doch ein paarmal die Stirn. Nachdem wir als "Normalsterbliche" schön unsere Steuern zahlen, die uns eigentlich einfach weggestrichen werden, ist das bei den Dimensionen unseres heutigen Porträts doch schon mal anders. Der Verkauf eines Imperiums in die Schweiz. Das Stammhaus ist in Mannheim angesiedelt, also durchaus auch besteuerbar. Jedoch hat es Engelhorn geschafft, keine einzige müde Mark dem deutschen Finanzamt zu zahlen. Und wenig wär das bestimmt nicht gewesen, denn der Verkaufserlös für ihn und die Seinen betrug immerhin knapp 19 Milliarden Mark.

Ein Sozialdemokrat nannte dies "unsittlich" und wollte sämtliche steuerrechtlichen Möglichkeiten gegen die Familie ausschöpfen. Da gab es eigentlich nur ein Problem: Nicht, dass ein Rechtstreit den Steuerzahler vielleicht ebenfalls viel Geld kosten könnte - nein es gab schlicht und einfach gar keine Möglichkeiten, die man hätte ausschöpfen können. Keine Chance auf ein kleines Kuchenstück von diesem Meisterstück Engelhorns.

Curt Engelhorn war lange Jahre der Geschäftsführer der Pharmagruppe Boehringer Mannheim und man kann durchaus sagen, dass das der Deal des Jahrzehnts war: Meistbietend sein Lebenswerk zu verkaufen und das auch noch am Fiskus vorbei. Sämtliche Wirtschaftsprüfer bestätigten diesen Deal als völlig legal.

Wie lief das ganze nun ab? Den Wohnsitz hatte er natürlich schon vor Jahren ins Ausland verlegt, so wie man das von den Schumacher-Brüdern oder Boris Becker schon kennt. Jedoch war der Sitz des Unternehmens immer noch in Mannheim, also steuerpflichtig. Er gründete eine Holding (so etwas wie ein Dachunternehmen, das die Anteile an denen darunter hält) und überdachte somit das gesamte Unternehmen. Und, wie nicht anders zu vermuten, war der Sitz dieser Holding natürlich im nicht besteuerbaren Ausland - nämlich in Hamilton auf den Bermudas. "Steuertricks für Fortgeschrittene" hätte ein Buchtitel von ihm zu der Zeit lauten können.

Der Weg dorthin

Studiert hatte Engelhorn in Austin/Texas Chemieingenieurwesen. 1955 tritt er in die C.F. Boehringer & Söhne GmbH ein. In nur fünf Jahren schafft er es bis an die Spitzenposition dieses Unternehmens, der schon sein Onkel Ende des 19. Jahrhunderts als Mitgesellschafter vorstand. Engelhorn als ehrgeiziger Unternehmer schafft es, aus einem durchschnittlichen mittelständischen Betrieb einen Global Player auf dem Gebiet von Diagnostika zu formen und Boehringer zu einem Pharmakonzern zu machen. Geschickte Expansionspolitik und vorzügliches strategisches Management sind Teile dieses Weges. Durch den Erfolg des Unternehmens bekommen die ruhenden Teilhaber des Unternehmens (andere Familienstämme) jedes Jahr eine sehr gute Summe als Gewinnausschüttung, so dass sie Engelhorn nicht ins operative Geschäft reinreden. Auch sie verlagerten 1985, getrieben vom Geiz und natürlich auf Rat von Engelhorn, ihre Anteile der Corange Ltd. auf Konten der Steueroase auf den Bermudas. In Sachen Geiz waren sie sich wenigstens einig, denn nicht zu selten gab es andere Familienstreitereien.

Engelhorn regiert nunmehr das gesamte Familienimperium und das auch noch vom Karibikstaat aus. 1969 erhandelte er sich ein nettes kleines Inselchen namens "Five Star Island". Nach 25 Jahren an der Spitze von Boehringer tauft er sich sozusagen um und ist Chief Executive Officer (CEO) bei Corange. 1990 dann tritt er aus dem operativen Geschäft zurück und wird Chairman des Board of Directors, so dass er jetzt die Sonne auf seiner Insel genießen könnte.

Es kommt jedoch ein wenig anders als erhofft. Ein Manager nach dem anderen wird verschlissen. Streit mit dem Manager Max Link, der von Engelhorn einst selber ausgesucht worden war. Querelen über Querelen - einstweilige Verfügungen usw. Mit Hilfe der Belegschaft des Mannheimer Unternehmens gelingt es dem Patriarchen, die Familiengesellschafter wieder auf seine Seite zu locken und ein Comeback zu starten. Dessen ungeachtet ist der Sippe das ständige Hin und Her nicht mehr geheuer. Sie entschließen sich nach langem Gerangel, das seit 140 Jahren in Familienbesitz befindliche Unternehmen zu verkaufen. Elf Milliarden Dollar war das Höchstgebot, für den der Roche-Konzern den Zuschlag erhielt. Der größte Anteil geht an Engelhorn, den anderen teilen sich die verbleibenden drei Familienstämme auf. Und immer noch geizt er. Auf die Frage hin, was er mit dem Geld machen werde, welches er ja nunmehr flüssig hat und nicht in Anteilen, antwortete er, er werde bestimmt nicht seine Frau mit Brillianten behängen. Und Milliarden auf dem Konto, das könne er sich eh nicht wirklich vorstellen.

Er lebt nunmehr mit seiner vierten Frau in Gstaad und unterstützt mit seiner Angel Foundation einige Projekte in Sachen Kultur. Sein Gesamtvermögen beläuft sich auf 4,5 Milliarden Euro.

Boris Sosnizkij

Link:
brainstorms!-Serie: Der Milliardärsclub

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