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Oldism – Born To Be Old

Pettek (Peter Wagner), Aufseher im städtischen Pflanzenhaus, steckt mitten in der Quater-life-crisis. Zur Verzögerung des Alterungsprozesses atmet er die Sauerstoffaussscheidungen seiner Pflanzen ein und versucht seinen Kumpel, den Zellforscher Danek (Daniel Stock) zu einer Genmanipulation zu bewegen. Zum Glück gibt es den "Aging"-Guru Marek Oldism und sein neues Buch – so überzeugend, dass es sogar von der Moderatorin der elitären Sendung "Kulturkoffer" (Dorothea Klein) empfohlen wird. "Aging" bedeutet nicht nur, keine Angst mehr vor dem Älterwerden zu haben, sondern darüber hinaus, bewusst alt zu werden, ja den Alterungsprozess gar zu beschleunigen. Auch die frustrierte Ballerina Anska (Anne Brendgen), mittlerweile Mutter von zwei Kindern, besucht regelmäßig einen "Aging"-Kurs, während Schlitzka (Lisa Stepf) den neuen Trend für albern hält und lieber in die Kirche geht. Inuit-Frau Januk (Janine Tuma), auf volkskundlicher Forschungsreise, kann sich derweil über die westeuropäischen Gebräuche nur wundern.

Die 1993 gegründete freie Theatergruppe "Flinntheater", deren Zentrum in der Documenta-Stadt Kassel liegt, wo auch am 28. August die Premiere von "Oldism" stattfand, rekrutiert sich aus einem Pool junger Schauspieler, Autoren und Musiker, die sich für jede Produktion in neuer Konstellation zusammenfinden. In diesem Jahr beschäftigt sich die vom Geheimtipp zum Publikumsliebling avancierte Gruppe mit dem Themenkreis des Älterwerdens. Dabei werden gewohnt vielschichtig nicht nur die auf den ersten Blick ins Auge springenden Fragen berührt, sondern auch das Erwachsenwerden und damit einhergehende Pubertätsprobleme dargestellt. Der gelassenere Umgang anderer Kulturen mit dem Altern wird zum Thema, wenn der "Aging"-Hysterie der Europäer der Todes-Ritus der Inuit gegenübersteht. Gleichzeitig wird durch die Figur der Inuit-Ethnologin die selbstgefällige Sicht der Europäer auf "primitive" Kulturen hinterfragt – und vielleicht gibt es auch einen Zusammenhang zur Documenta?

Obwohl länger als die Vorläufer-Stücke (Jobpoppers, 2000 und Transpirationen, 2001) gelingt es auch Oldism durchgängig den Spannungsbogen zu halten, wobei neben lustigen und dabei dennoch hintersinnigen Szenen auch leise, nachdenkliche Töne angeschlagen werden. Die Geschichten der Hauptfiguren und der zahlreichen Nebencharaktere, in schnellem Wechsel auftretend, sind ineinander verwoben, aufgelockert durch Slow Motion-Szenen, Musik und choreografische Elemente. Die sechs Akteure des Flinntheaters unter der Leitung von Tobias Krechel und Sophia Stepf schaffen die ständigen Rollenwechsel spielend und laufen zu schauspielerischer Hochform auf. Oldism – born to be alt gibt es am 31. August in Halle, am 1. und 2. September in Leipzig, am 3. und 4. September in Berlin und am 5., 6. und 7. September abermals in Kassel zu sehen. Ab dem 15.5.2003 gastieren die Flinns am Theater Aachen. Weitere Informationen finden sich unter www.flinntheater.de, wo man sich auch für den Newsletter der freien Theatergruppe eintragen kann.

Nora Mansmann

Link:
Das Flinntheater

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