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Radiohead: "Amnesiac"

Das Jahr 2000 sollte für viele Radiohead-Anhänger das Ende einer schmerzhaften dreijährigen Wartezeit werden. Doch dann kam "Kid A", ein völlig inertes und ambivalentes Stück Musik. Abstoßend und anziehend zugleich. Nach konventionellen Songstrukturen suchte man vergeblich.

Radiohead
Die Band hatte sich auf Pfade begeben, denen niemand so recht folgen wollte oder konnte. Am wenigsten verstanden hatte zu dieser Zeit das Album wohl die Band selbst. Trotzdem stieg "Kid A" auf Nummer 1 der amerikanischen Albencharts ein, obwohl es weder eine Single, geschweige denn ein Video oder brauchbare Interviews gab.
Nun sollen kaum ein Jahr später versöhnlichere Töne angeschlagen werden. Es wurde brav eine Vorabsingle ("Pyramid Song") samt Videoclip veröffentlicht, man gab sich in Interviews zugänglicher und sprach von einem "eher rock-orientierten und feurigen, sowie leichter zugänglichen Album". Kein Wunder also, dass man auch prompt zum Headliner für "Rock am Ring" und "Rock im Park" ernannt wurde.

Und was ist "Amnesiac" nun? Ein bisschen ironisch ist der Titel schon ("an Gedächtsnisschwund Leidender"), scheinen Radiohead doch tatsächlich vergessen zu haben, dass sie es etwas rockiger angehen wollten. Anstatt der zugänglicheren Songs findet man eigentlich genau das, was es auf "Kid A" auch schon gab: Kunst-Musik fernab des Mainstreams. Verwunderlich ist das nicht, da die Songs allesamt zur selben Zeit entstanden, wie die zu "Kid A". Trotzdem war man der Meinung, sie würden nicht in den dortigen Kontext passen. Zu Recht, wie sich sehr bald herausstellt.

Wurden auf "Kid A" noch unendlich weite Soundlandschaften aufgespannt, so findet auf "Amnesiac" alles auf engsten Raum statt. Das Gefühl der Klaustrophobie schwingt in jedem der Titel mit. Bezeichnender Weise heißt der minimalistische Opener dann auch "Packt Like Sardines In A Crushd Tin Box". Mit "Knives Out" können Radiohead es dann doch nicht lassen, und spielen einem mit dieser Ballade doch das Herz weich, wurde einem aber noch kurz zuvor mit "Pulk/Pull Revolving Doors" das Trommelfell durch härteste Beats malträtiert. Am Ende steht dann - fast allein - das wunderbare "Life In A Glasshouse", welches, von Trompeten begleitet, schlichtweg ergreifend ist.

Man mag es Radiohead insgesamt verzeihen, dass sie ihr Versprechen mit dem Rock-Album doch nicht so recht eingehalten haben. "Amnesiac" stellt einen weiteren wichtigen Schritt auf ihrem Weg fort von kommerziellen Trieben dar. Keineswegs handelt es sich hierbei - wie einige böse Zungen behaupten - um die zweite Garnitur der "Kid A"-Sessions, also ein "Kid B", sondern vielmehr um ein neues und immer wunderschöner werdendes Stück Kunst. Zum Kommerz sei nur soviel gesagt: das Album stieg in der ersten Woche auf Platz 2 des U.S.-Charts ein. Immerhin.

Daniel Iranyi

Links:
www.radiohead.com
www.parlophone.com

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