Wird Robert Schuman bald selig gesprochen?Große Männer verdienen große Anerkennung. Schon zu Lebzeiten galt der ehemalige französische Außenminister Robert Schuman als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Wie kaum ein anderer setzte sich der in Luxemburg gebürtige Sohn eines aus Lothringen stammenden Vaters und einer luxemburgischen Mutter für das Zusammenwachsen Europas ein.
Von Schuman und seinem Mitstreiter Jean Monnet
stammt der Plan, eine westeuropäische Montanunion
herbeizuführen: "Wir schlagen vor, die gesamte deutsch-französische
Kohle- und Stahlproduktion einer Hohen Behörde zu unterstellen,
in einer Organisation, die den anderen Ländern Europas zum Beitritt
offensteht. Dies wird ein Grundstein für eine europäische Föderation
sein." In enger Zusammenarbeit mit Bundeskanzler Konrad Adenauer
und dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi schuf
Schuman die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Für sein
Engagement um den Frieden und die Versöhnung in Europa wurde er
mehrfach ausgezeichnet, etwa im Mai 1958 mit dem Karlspreis der Stadt
Aachen.
Doch nun soll es nicht nur bei den irdischen Ehren bleiben: Bereits 1989 wurde in Metz das "Institut Saint-Benoît Patron de l'Europe" gegründet. Das alleinige Ziel des Instituts ist die Seligsprechung Schumans durch den Papst. Natürlich soll der Beatifikation irgendwann auch die Heiligsprechung, die Kanonisation folgen. Aber eile mit Weile, zunächst muss ein recht gewichtiges Problem überwunden werden: Denn der große Europäer kann nur heilig gesprochen werden, wenn sich ein Wunder, etwa die wissenschaftlich unerklärbare Heilung eines kranken Menschen, findet, das Schuman vollbracht hat. Immerhin konnte Jacques Paragon, Generalsekretär des Instituts, bereits im Juni nach Rom fahren, um die erste Hürde zu nehmen und das Dossier der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen im Vatikan zu überbringen. Sechs Kartons und 150 Kilogramm Akten umfasst das Ergebnis umfangreicher Recherchen durch je eine historische und theologische Kommission über die Werke sowie den Lebenswandel Schumans. Nun liegt es an der Kongregation zu untersuchen, ob Schuman ein vorbildlicher Christ gewesen ist, wundertätig war und man ihm zunächst den "heroischen Tugendgrad" verleihen kann, ehe anschließend der Papst die endgültige Entscheidung über die Beatifikation trifft. Ein langer Weg zur Seligkeit. Bereits zuvor hatte ein langjähriger Mitarbeiter des Politiker, René Lejeune, die Initiative ergriffen und das Buch "Robert Schuman – Die Politik als Weg zur Heiligkeit" geschrieben. Für den Autor sind dessen politische Erfolge für sich genommen Grund genug für die kirchlichen Segnungen: Das Wunder eines friedlichen Europas habe sich durch ihn erfüllt. Noch zu Lebzeiten sei Schuman, der zunächst erwog, Priester zu werden, deswegen als "Heiliger im Straßenanzug" bezeichnet worden. Auch Paragon erklärt voller Inbrunst, Schumans Rede zur Gründung einer deutsch-französischen Montanunion vom 9. Mai 1950 sei ein "wichtiger prophetischer Akt" gewesen, mit dem er sich "komplett zum Instrument Gottes gemacht" habe. Sein ganzes Leben sei von diesem Gedanken geprägt worden. Und nicht zuletzt: Man könne doch nicht von Europa und Robert Schuman sprechen, ohne das Christentum zu erwähnen, ist sich der Generalsekretär sicher. Schuman als Petrus der europäischen Einigung? Spurensuche in Scy-Chazelles, einem kleinen Vorort von Metz. Hier befindet sich das Haus, in dem Schuman 39 Jahre lang bis zu seinem Tode am 4. September 1963 gewohnt hat. Begraben liegt er gegenüber in einer kleinen Kapelle. Erst im Frühjahr wurde in seinem Haus das Robert-Schuman-Museum, in dem die Einrichtung wie zu Lebzeiten des Politikers belassen wurde, eröffnet. Auch die Straße vor dem Gebäude heißt "Place Schuman", geschmückt mit der Flagge Europas. Vergessen ist "der Vater Europas" im Diesseits also keineswegs – ob selig oder nicht. Stefan Ewert |