Wowereit: Wie lustig ist Regieren?

Humor ist wenn man trotzdem regiert - so titelte unlängst der Tagesspiegel und trifft bezogen auf Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) durchaus des Pudels Kern. Denn es war für "Wowi", wie ihn die rührige Boulevardpresse halb ehrfürchtig, halb belustigt nennt, ein eher durchwachsenes, in jedem Fall aber ein bewegtes Jahr 2004.

Sein sonniges Gemüt lässt sich der bekennende Tempelhofer mit Dachgeschosswohnung am Kurfürstendamm zwar selten verdunkeln, aber einige Probleme machten ihm im jüngst vergangenen Jahr doch zu schaffen: Zunächst ging ihm im Frühjahr sein Stadtentwicklungssenator Peter Strieder verloren, der wegen der Tempodrom-Affäre seinen Hut nehmen musste. Der Abgang eines Senatsmitglieds wäre für Wowereit möglicherweise noch verkraftbar gewesen, wenn nicht Strieder zugleich auch als SPD-Landesvorsitzender zurückgetreten wäre. Da sich der Regierende scheute, auch noch diese arbeits- und leidensvolle Funktion zu übernehmen, ließ sich der SPD-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Michael Müller, für den vakanten Posten gewinnen - dank kräftigen Zuredens durch Wowereit.

Kaum war diese pikante Personalie geklärt, stand das nächste Projekt an: Die Verankerung einer Hauptstadtklausel im Grundgesetz, mit der die (zumeist finanziellen) Rechte und Pflichten des Bundes in Berlin neu tariert werden sollten. Dafür stritt Wowereit, in den Augen mancher Beobachter nicht ganz souverän, monatelang hinter den verschlossenen Türen der Föderalismuskommission mit den Vertretern des Bundestages und der Länder. Diese Bemühungen waren letztlich erfolglos. Denn als die beiden Vorsitzenden der Kommission, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und der SPD-Bundestagsfraktionvorsitzende Franz Müntefering, im Dezember die Verhandlungen für gescheitert erklärten, war auch die Hauptstadtklausel vom Tisch. Vergebliche Liebesmüh für den Regierenden Bürgermeister, dem oft vorgeworfen wird, er beteilige sich zu selten an aktuellen Debatten von bundesweiter Relevanz.

Hinzu kamen einige fragwürdige öffentliche Auftritte: Auf Dienstreise in Thailand kritisierte man neben der hellen Farbe seines Abendanzuges vor allem seine teilweise als unangemessen oberflächlich empfundene Begrüßungsrede. Überhaupt der Vorwurf der Oberflächlichkeit: Damit hat Wowereit, bekanntlich ein passionierter Partygänger, seit Beginn seiner Amtszeit zu kämpfen. Bisweilen von der Presse als "König Lustig" und "Regierender Partymeister" betitelt, machte er seinem Ruf alle Ehre, als er dem "Dschungel-Star" Desireé Nick einen Zungenkuss gab.

In solchen Dingen fehlt es dem obersten Repräsentanten der deutschen Hauptstadt an Gespür - für die Würde des Amtes, aber auch im Selbstverständnis. Für 2005 sollte sich Wowereit mal wieder ein bißchen mehr Ernsthaftigkeit verordnen und sich auf dem politischen, nicht dem gesellschaftlichen Parkett stärker einbringen. Wenn dies Erfolge zeitigt, macht auch das Regieren wieder mehr Spaß.

Stefan Ewert