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Die schnelle Entzauberung der Schill-Partei

Als im Herbst vergangenen Jahres die "Partei Rechtsstaatliche Offensive" (PRO) mit über 20% in der Hamburger Bürgerschaft einzog, war die Aufregung unter den etablierten Parteien groß.

Dem Amtsrichter Ronald Barnabas Schill, der zuvor durch einige durchaus gewagte Urteile aufgefallen war und daher von der einschlägigen Boulevardpresse sogleich den Beinamen "Richter Gnadenlos" erhielt, gelang ein in der Geschichte bundesrepublikanischer Wahlen ein bisher beispielloser Erfolg.

Seine neugegründete PRO, gern auch der Einfachheit halber als Schill-Partei tituliert, nahm sich des in der Hansestadt wohl zu lange vernachlässigten Themas "Innere Sicherheit" an, versprach mehr Polizei, weniger Drogen und die Halbierung der Hamburger Kriminalitätsrate um satte 50%. Darüberhinaus bot die Schill-Partei programmatisch wenig neues und orientierte sich, beispielsweise in der Verkehrspolitik, stattdessen eher an CDU und FDP. Dem Wähler allerdings genügte dies, so daß schließlich die rot-grüne Koalition von einem "Bürgerblock" aus CDU, FDP und eben Schill-Partei abgelöst werden konnte.

Kampf gegen Filz, Ämterpatronage und besagte Kriminalität schrieben sich der frisch gekürte Innensenator Schill und seine Senats- und Fraktionskollegen auf die Fahnen. Man wollte vieles besser machen. Nur: Es gelang nicht, der Lack ist schon nach kurzer Regierungszeit ab.

Die Erfolge im Amt sind gering, dafür häufen sich die Affären: Die Hamburger Zeitungen berichten, Bausenator Mario Mettbach verschaffte seiner Freundin einen lukrativen Job als seine persönliche Referentin. Schill selbst mußte nach wenigen Tage einräumen, daß die Kriminalitätshalbierung in 100 Tagen nicht zu bewältigen sei und sich auch die Neueinstellungen junger Polizisten verzögerten.

In den letzten Wochen nun folgte ein weiterer Tiefschlag, der die großspurig angekündigte Ausbreitung der Schill-Partei in das übrige Bundesgebiet wohl scheitern läßt: Ronald Barnabas Schill, in einschlägigen Hamburger Partykreisen liebevoll "Barnie" genannt, ist von anonymer Seite mit Kokain in Verbindung gebracht worden. Ein Haartest soll Klarheit bringen, doch Schills Saubermann-Image ist ohnehin schwer beschädigt. Der Ausgang dieser Vorgänge bleibt zunächst offen.

Letztlich ist aber festzustellen: Die vollmundigen Ankündigungen aus dem Wahlkampf lassen sich nicht in die Tat umsetzen und der Anspruch, eine Partei ohne die häufig üblichen Verfilzungen zu sein, ist nach kurzer Zeit obsolet. Zu wünschen bleibt, daß der Wähler künftig solchen Versprechungen kritischer gegenübertritt.

Stefan Ewert

Links:
Netzeitung: Schill gab Haarprobe ab
SPIEGEL online: 100 Tage Schill
SPIEGEL online: Kokstest in München

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