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Gregor Schneider in der Hamburger KunsthalleIn der Hamburger Kunsthalle ist seit dem 15.02. eine "verknappte Retrospektive" des Werkes von Gregor Schneider zu sehen. Die Ausstellung "Hannelore Reuen Gregor Schneider" läuft bis zum 11. Mai 2003. Seit einiger Zeit gähnt dem Besucher, der das Café Liebermann in der Kunsthalle verlässt, um durch eine unterirdische Passage zur Galerie der Gegenwart zu gelangen, am Ende des Ganges eine schlecht instandgehaltene Garage an. Einfach so, eine Garage, wo vorher einige Fotografien Warhols standen. Auf Nachfrage sagt die Museumswächterin: "Das ist von Gregor Schneider. Der baut da jetzt sein Haus nach."
Was hat es auf sich mit diesem geheimnisvollen Haus "U r"? "U r" ist abgeleitet von der Adresse, Unterheydener Straße 12, und steht beispielsweise für "Umbauter Raum" oder "Unsichtbarer Raum". Es ist ein modernes Änderhaus, nur völlig anders, als es Michael Ende ersonnen hat: Natürlich verändern die Bewohner das Haus, nicht das Haus die Bewohner und sich selbst. Und in der Unterheydener Straße 12 ist es alles andere als gemütlich: schlecht vermauerte Kellerwände, ein "zubetoniertes Klo", Zimmer, völlig weiss gehalten, ohne die mindeste Einrichtung, die "Das große Wichsen" heißen oder "Das letzte Loch" – nichts zum Wohlfühlen, alles in allem. Gregor Schneider lebt (anscheinend) nicht allein auf seiner permanenten Baustelle. Seine Mitbewohnerin, sein Alter Ego, die im Titel erwähnte Hannelore Reuen, arbeitet mit dem Künstler zusammen. Sie scheinen ein seltsames Verhältnis zueinander zu haben: "Er hat (auch) mich beobachtet. Ich konnte nicht damit umgehen – mit so jemandem in einem Haus zu leben. Er hat Tage nichts gesagt, dann kam er hoch und sagte: Ich mag Dich. Und dann war er wieder weg", sagt sie zu Amine Haase. Und Gregor Schneider nennt seine Untermieterin bisweilen liebevoll "Alte Hausschlampe". Recht viel mehr erfährt man nicht von Hannelore Reuen, dieser rätselhaften Person. Nicht nur die Bewohner des Hauses sind künstlerische Figuren Gregor Schneiders – das Haus selbst wird zur Metapher seines Daseins. Reuen im Interview: "Da kommt er nicht mehr raus." In der obsessiven Konservierung der Vergangenheit zeigt sich der Künstler auf der Suche nach dem Verständnis seines Schaffens. Schneider "wiederholt" alte Wände, früher geschaffene Statuen, "um zu verstehen, was er da gemacht hat" (Reuen). Er beschäftigt sich mit dem "Unbekannten". "Und je mehr ich mich damit beschäftige, desto unbekannter wird es für mich. Das ist für mich die Herausforderung, nämlich auszuhalten, immer weiter auf der Stelle zu treten."
Etwas lässt erahnen in den Räumen Schneiders: Er hat seiner Seele Raum gegeben, oder, grob gesagt, ein Haus gebaut. In Hamburg sind nun einige Ausschnitte eines Hauses, die sich zwischen den Extremen "Pissoir" und "leerer Garage" bewegt. Das mag morbid erscheinen, ist es aber nicht ausschließlich. Was Schneider geschaffen hat, sind Tatsachen. Tatsachen sind nicht morbid, nur ihre Inszenierung ist es. Über Schneider kann der Kritiker nur deswegen so schwer schreiben, weil seine Installationen dem Betrachter viel Raum lassen. Das ist eine Herausforderung, und ob es gelingt, ist keine Frage der Kunst. Der Künstler hat etwas Unausweichliches gesetzt, und es liegt am Betrachter, damit umzugehen. Es lohnt sich, den Werken zu begegnen, auch wenn man nicht mit ihm konform geht. Übrigens hat Schneider seinem Goldenen Löwen ein angenehmes Domizil verschafft: Eine mit Styropor verkleidete Plastikbox. Ohne Ausgang. Frédéric Valin Links: |
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