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Shadow of the Vampire

Das schöne an Sneak-Previews ist es ja, dass man da mitunter Filme sieht, welche man sich unter normalen Umständen nicht angeschaut hätte. "Shadow of the Vampire" ist bei mir so ein Fall und Gott sei Dank sah ich diesen recht außergewöhnlichen Film schließlich doch.

Der deutsche Regisseur Friedrich Murnau bekam von Bram Stoker nicht die Genehmigung einen Film über Dracula zu drehen. Deshalb drehte er einen Film über "Count Orlock" und nannte den Film "Nosferatu". Murnau dreht dabei mit seiner Crew an Originalschauplätzen und reist daher an die schauderhaftesten Orte. Am geheimnisumwobensten ist allerdings Murnaus Hauptdarsteller Max Schreck. Dieser erscheint dem Rest der Crew nur im Kostüm als Vampir, haust in den Originalschauplätzen und verputzt als Nachspeise schon mal eine Fledermaus. Es bedarf keiner allzugroßen Kombinationsgabe um festzustellen, dass es sich bei Schrek nicht nur um einen Schauspieler handelt, der in seiner Rolle total aufblüht...

Ein durch und durch sympathischer Zeitgenosse.
Was ist "Shadow of the Vampire" eigentlich? Ist es ein Drama? Ist es eine Komödie? Ist es ein Horrorfilm? So ganz genau kann man das nicht sagen sind alle drei Genre doch in den 91 Minuten stets präsent. Der Film erzählt die fiktive Geschichte der Dreharbeiten zu dem auch noch heute sensationellen Streifen "Nosferatu" aus dem Jahre 1922. Er zeigt die Verbissenheit und Perfektion, mit welcher Murnau seine Schauspieler vorantreiben wollte, den besten Horrorstreifen aller Zeiten zu drehen. Der Crew sind seine Einfälle doch recht suspekt aber ob seines dominanten Auftretens willigt man ein an den furchtbarsten Orten zu den unwirtlichsten Bedingungen zu spielen.

Der Film beginnt sehr, sehr langsam. Ganze sieben Minuten dauert der Vorspann, indem man scheinbar die gesamte Filmcrew aufgelistet hat und schon da machte sich im Publikum Unruhe breit. Nur soviel: Der Film wird nicht schneller, sondern eher das Gegenteil. Ich habe ja schon viele Sneaks miterlebt, aber dass mindestens zwanzig Personen den Saal verlassen haben, hat mich doch erstaunt. Verdenken kann ich es ihnen nicht, muss einem wohl die Atmospähre des Films liegen. Die Handlung schreitet gemütlich voran, viele tiefsinnige Dialoge werden durch witzige Szenen nur manchmal aufgelockert und überhaupt ist alles recht langatmig - aber meiner Meinung nach bei weitem nicht langweilig.

John Malkovich mal mit Haaren.
Sieht man mal von der originellen Idee ab, bekommt man als verwöhnter Kinobesucher des zweiten Jahrtausends einen kleinen Einblick, wie man in der Urzeit des Films einen solchen produziert hat. Der Regisseur konnte damals mitten in die Szene reden und den Schauspielern Anweisungen geben und der Unterschied zwischen der fertigen schwarz/weiß-Produktion und der Szene nachdem man "Schnitt" gerufen hat wird hier schön aufgezeigt. Den Schauspielern musste noch tonnenweise Make-Up aufgetragen werden und die Dramaturgie des Films wirkte manchmal doch ein wenig lächerlich. Aber ich kann mir vorstellen, dass diese Epoche des Films eine sehr schöne gewesen sein muss.

John Malkovich spielt diesen F.W. Murnau und im Gegensatz zu Willem Dafoe - der es sich aber auch mehr als vedient hat - wurde er nicht für einen Oscar nominiert. Das ist schade, denn Minenspiel, Wortakrobatik und Bewegungen sind hier von allerster Güte und man kann nur hoffen, dass der echte Murnau nicht tatsächlich so ein über Leichen gehender Mensch war. Dafoe wiederum begeistert mit einem englischen Akzent jenseits von Gut und Böse und er sorgt auch für die meisten Lacher im Saal. Wenn wir mal davon ausgehen, dass man mit seiner Motorik und seinen Grimassen genau diesen Effekt erzielen wollte, dann ist ihm das vorzüglich gelungen. Der Rest der Crew verblasst natürlich neben zwei so großartigen Schauspielern wie Malkovich und Dafoe aber dennoch kann hier wirklich jeder einzelne überzeugen.

Fazit: "Shadow of the Vampire" ist extrem langatmig, kann aber durch fabelhafte Schauspieler, einer grundsoliden Idee und vielen schönen Szenen für einen gelungenen, besinnlichen Kinoabend sorgen. Oder wie es ein Mitglied meiner Sneak-Gemeinde ausdrückte: Dafür das der Film so langweilig war, war er ziemlich kurzweilig.

Claus Schlamadinger

mehr von E. Elias Merhige (Regie)? Begotten
mehr von John Malkovich? Being John Malkovich, Con Air
mehr von Willem Dafoe? Animal Factory, eXistenZ

Links:
Offizielle Site: www.shadowofthevampire.com

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