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Eine Stimme für die Stimmlosen

Die Jury
Foto: RTL
"Ich glaube, Celine Dion würde selbst dann nicht schlechter singen als diese Kandidatin, wenn sie vom Zug überfahren worden wäre." Dieser Satz stammt von Thomas Stein, seines Zeichens Chef des Musiklabels BMG und Mitglied der "Deutschland sucht den Superstar"- Jury. Und dieser Satz ist bezeichnend für die Show, dort ist es ja - nicht zuletzt dank Dieter Bohlen - fast zu einer Ehrensache verkommen, immer neue, ausgefallenere Umschreibungen zu erfinden, die die (fehlende) Gesangskunst der Kandidaten anprangern. Gern macht man sich über Untalentierte lustig. Den "Stimmlosen" ist - oder war bis vor kurzem - fast das ganze "Superstar"-Magazin am Montag bei VOX gewidmet. Wie Affen im Zoo wurden sie gezeigt, und ihre Gesangsvesuche mit bissigen Kommentaren garniert. Fast schon traurige Berühmtheit erreichte die Kandidatin, die ihren Walkman anschaltete und meinte :"Ich kanns nur singen, wenn ichs höre." Eine Publikumsbelustigung auf Kosten Anderer - das kennt man einerseits schon zur Genüge, allein schon zum Beispiel aufgrund des nicht zu übersehbaren Beitrags von Stefan Raab zu dieser Art der Comedy-Kultur in Deutschland. So etwas mag ja bisweilen amüsant sein. Aber die "Superstar"- Show begab sich auf eine neue Ebene der Bösartigkeit. Denn: Sie haben die peinlichen Auftritte der Möchtegern-Stars ja selbst provoziert.

Es ist schon eine Perversion, die es zu überbieten gilt, wenn man deutschlandweit einen Talentwettbewerb ausruft und dann die minder begabten Kandidaten öffentlich auslacht. Die Ausrede der "bösen Zungen" ist zwar, dass man sich gar nicht erst bewerben sollte, wenn man nicht singen kann. Aber, liebe Jury, mit Verlaub: Stellt Euch mal vor, es hätten sich nur die 10 oder 20 Leute beworben, die tatsächlich das Zeug zum Star haben und in der Show letztlich weitergekommen sind: Na dann gute Nacht, Einschaltquoten! Man hatte es ja von vornherein vor, aus dem Wettbewerb ein "Volksereignis" zu machen. Das heißt, das Rumhacken auf den unbegabten Zwitschervögelchen war schon geplant und vorprogrammiert. Wenn man sich also als Jury-Mitglied wundert, warum sich ein so offensichtlich unmusikalischer Mensch bewirbt, dann ist es eine Scheinheiligkeit.

Thomas Stein
Foto: RTL
Letztlich ist die Show eine konsequente Fortentwicklung der Tendenz der letzten Jahre, jeden Menschen zum Star machen zu wollen (Eine treffende Satire diesbezüglich war schon die "Truman Show" mit Jim Carrey). Insbesondere in der Musik ist das gang und gäbe, da es die moderne Technik ohne Weiteres ermöglicht, sogar Textpassagen, die überhaupt nicht gesungen worden sind, zu Liedern zu verarbeiten. Es sei erinnert an :"Hol mir mal 'ne Flasche Bier!", "Maschendrahtzaun" und "Gebt das Hanf frei!". Und wenn man dann die breiten Massen zum Starwerden einlädt, sollte man sich fairerweise nicht über die Leute lustig machen. Zumindest nicht, wenn man das kulturelle Niveau halten will, das man selber als Jury-Mitglied stolz in die Kamera verkündet.

Alexander Archangelskij

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