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Triximaus sucht Kuschelbär

Beziehungsanbahnung gehörte sicherlich noch nie zu den einfachsten Aufgaben, denen sich Menschen ausgesetzt sehen. Aber vermutlich konnte man damit noch ganz gut umgehen in Zeiten, in denen entweder die Eltern durch Einladung an den Bäckerbuben aus dem Nachbarort nachhalfen oder man fast automatisch beim jährlichen Erntedankball der Landjugend miteinander ins Gespräch kam.

Die haben's einfacher mit der Beziehungsanbahnung.
Foto: sxc.hu
Alleinlebende Mitglieder der großstädtischen Single-Statistik sehen sich da oft größeren Schwierigkeiten ausgesetzt. Der Freundeskreis ist entweder anderweitig liiert oder bereits ergebnislos durchprobiert worden. Mit Liebeleien im Büro haben die meisten spätestens beim Erreichen der magischen 30 ausreichend schlechte Erfahrungen gemacht, fürs Anbändeln im Fitness-Studio fehlt der Waschbrettbauch, für die Anmache abends in der Bar schlicht der Mut – und allzu oft auch die nötige Geistesgegenwart.

Kontaktanzeigen in diversen Printmedien mögen in den frühen Neunzigern das Mittel der Wahl für aufgeschlossene Paarungswillige im Asphaltdschungel gewesen sein, doch heute sind nur noch die wenigsten bereit, wochenlang auf das Erscheinen ihrer sorgsam formulierten Ergüsse in kaum leserlicher 8-Punkt-Schriftgröße zu warten. Bloß um dann wiederum Wochen auf eine Antwort im Briefkasten zu hoffen, die meist noch nicht mal das erbetene Foto des Kandidaten enthielt.

Auch das Zeitraffer-Pendant im Internet ließ die Herzen der oft verzweifelt Suchenden nur kurzfristig höher schlagen. Die Anzeigen gewannen durch das vereinfachte Prozedere nicht unbedingt an Qualität. Ein Modem allein macht eben aus dem "gemütlichen" (dicken), "absolut treuen" (den will eh keine andere) "Kuschelbär" (abwechslungsreicher Sex ist ihm entweder zu kompliziert oder schlicht zu anstrengend) mit "viel Freizeit" (wohnt noch bei Mutti und arbeitet nachts als Aushilfe in der Psychiatrie) noch keinen unterhaltsamen Typen mit Filmstar-Look und interessanten Freizeitaktivitäten.

Schlimmer noch, das Internet machte statt dessen allzu viele Inserenten binnen weniger Sekunden zehn Zentimeter größer, acht Jahre jünger und mindestens zwanzig Kilo leichter. Kost ja nix. Ganz Verwegene unterzogen sich sogar einer Instant-Geschlechtsumwandlung und so entpuppte sich die "bisexuelle, vollbusige rote Hexe Anfang 20" mit dem schönen Namen Triximaus nicht selten als verschwitzter Kerl Anfang 40 mit wuchernder Genitalbehaarung.

Für menschliche Singles gestaltet sich die Partnerfindung etwas schwieriger.
Foto: sxc.hu
Um dennoch nicht immer allein die Diätmargarine aufs Brötchen schmieren zu müssen, greift der frustrierte Großstädter inzwischen gern auf eine uralte Institution in neuem Gewand zurück: die Kupplerin. Die alte, in Ehren ergraute Dame von damals hat ein trendiges Outfit bekommen und will statt eines Pelzmantels im Erfolgsfall heute schon eine Vorabgebühr, um den Kandidaten überhaupt näher in Augenschein zu nehmen.

Je nach Investitionsbereitschaft kann man von der Kupplerin heute entweder den Zugang zu einem geschlossenen Forum erwarten, in dem sich nur solche Willigen tummeln, welche die Ernsthaftigkeit ihres Ansinnens immerhin durch Zahlung eines Obolus bewiesen haben. Besonders gebrannte Kinder ziehen dabei jene Anbieter vor, die sowohl Alter als auch Geschlecht der Kandidaten durch vorherige Paßkontrolle verifiziert haben.

Extrem misstrauische oder sicherheitsbedürftige Singles auf dem langen Weg in die gepriesene Zweisamkeit investieren vor Aufnahme der Anbahnung gar in einen ausgeklügelten Tauglichkeitstest, der ihnen im Idealfall die Beziehungsfähigkeit attestiert und der Kupplerin zusätzliche Anhaltspunkte liefert, um die Anzahl der zu küssenden Frösche auf ein erträgliches Minimum zu reduzieren. Ob das wirklich der ideale Weg in eine glückliche Zukunft ist, werden aufopferungsvolle Selbstversuche in der nächsten Zeit zeigen müssen. Das Ergebnis, wie üblich, an dieser Stelle.

Lyssa

Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

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