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Let’s talk about sex

Man kann wirklich offene Gespräche über Sex nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt in einer Freundschaft initiieren. Auch hier gilt es, das ominöse dritte Mal zu beachten.

Meine Versuche, mit Amerikanern in deren Heimatland anzubandeln, sind mit schöner Regelmäßigkeit gescheitert, was ebenso regelmäßig an mir lag. Ich verstieß bereits im Verlauf der ersten Annäherung gegen fast jede der ungeschriebenen, dafür aber in Zement gegossenen Regeln, die das Balzritual in Übersee bestimmen.

Woher sollte ich auch wissen, dass man sich innerhalb von 24 Stunden nach dem ersten Date zu melden hat, sofern man Interesse an einer Fortsetzung bekunden möchte. Oder dass man nach Mittwoch keine Verabredungen mehr für Samstag eingeht, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, man hätte nicht genügend spannende Alternativen. Oder dass man erst beim zweiten Date küsst und frühestens beim dritten Treffen Sex hat. Und wenn man bis zum fünften keinen hatte, wird das meist auch nichts mehr.

Ich konnte außerdem unmöglich wissen, dass man sich bei den ersten Treffen auf gar keinen Fall über Politik unterhalten sollte. Aber ich wurde auch nicht von älteren Schwestern sozialisiert, die mir solche Regeln zusammen mit der korrekten Anwendung von Mascara beibrachten, sondern hatte die ersten Schritte in dieser Richtung mit 14 Jahren in einer Clique langhaariger, dauerbekiffter linker Bombenleger unternommen, für die die richtige politische Gesinnung absolute Grundvoraussetzung für jedwede Form intimen Körperkontakts war.

Von dort hangelte ich mich dann weiter. Zum Glück meist in europäischen Gefilden, wo die zwischengeschlechtliche Annäherung weniger starren Regeln unterworfen ist, was für mein persönliches Liebesglück von entscheidender Bedeutung war. Allerdings gibt es auch hier Regeln, die man erst im Laufe der Zeit lernt und die ohnehin stark gesellschaftlichen Strömungen unterworfen sind.

Eine dieser Regeln, die sich erst in letzter Zeit abgezeichnet hat, betrifft allerdings weniger die sexuelle Annäherung, sondern eher Freundschaften unter Frauen. Sie besagt, dass Frauen meist beim dritten ungestörten Treffen über Sex reden. Wenn sie es dann nicht tun, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie höchstens noch ganz allgemein über Sex, aber nie über ihr ganz persönliches Sexleben reden werden.

Denn vor dem dritten Treffen kennt man sich zu wenig, weiß man zu wenig über die andere, um Dinge aus dem eigenen Intimleben preiszugeben. Das gilt erst recht, wenn das eigene Intimleben nicht ganz konventionellen Mustern folgt. Versäumt man aber diesen Zeitpunkt um das dritte Treffen herum, dann kennt man sich auf anderen Ebenen schon zu gut, ist bereits zu vertraut miteinander, als dass man sich noch unbefangen schmutzige Geheimnisse anvertrauen könnte.

So etwas braucht nämlich entgegen landläufiger Meinung ein wenig Distanz und nicht etwa größtmögliche Nähe. Es braucht Vertrauen, aber keine Vertrautheit. Mit der besten Freundin bespricht man Beziehungsprobleme, während man auf dem Sofa kuschelt, oder man tauscht sich ganz generell über den grandiosen Sex mit dem neuen Kerl aus.

Aber man erzählt nicht, was genau den Sex so weltbewegend gemacht hat und welche kleine Phantasie man schon immer mal ausprobieren wollte. Aus diesem Grund habe ich auch nur eine recht vage Vorstellung vom Sexleben meiner besten Freundin, weiß dafür aber ziemlich gut über den letzten Swingerclub-Besuch einer entfernteren Bekannten bescheid.

Am besten gar nicht über Sex reden sollte man übrigens mit Frauen, die mit geradezu fanatischer Hingabe »Sex and the city« gucken und gerne bei passender Gelegenheit eine Anekdote aus der Serie zum Besten geben. Solche Frauen finden es meist ganz wundervoll, wenn sich ihre fernen Heldinnen im TV Hals über Kopf in gewagte sexuelle Situationen stürzen, können es aber ganz und gar nicht gutheißen, wenn eine Frau aus Fleisch und Blut in ihrer Umgebung ähnliches wagen würde.

Der weibliche SATC-Junkie ist entgegen aller Erwartung extrem konservativ und sehr auf die Form bedacht, weswegen sich sein eigenes Sexualleben in einem überschaubaren Rahmen abspielt. Weswegen sexuelle Extravaganzen jeder Art stellvertretend von Serienfiguren ausgelebt werden müssen. Aber bitte eben nur von diesen. Wir sind hier schließlich nicht in New York.

Lyssa

Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

Link:
»Sex and the City« bei ProSieben

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