Die Geister, die er rief

Warum Männer und Frauen im gleichen Alter so schwer zusammenfinden

Männer und Frauen durchlaufen dieselben Entwicklungsphasen. Nur leider meist zu unterschiedlichen Zeiten, was einer harmonischen Partnerschaft zwischen Gleichaltrigen nicht unbedingt förderlich ist.

Während der Pubertät und meist auch noch in den ersten Jahren danach ist man vor allem als Frau sehr geneigt, an die große, die ewige, die einzige, vor allem aber an die monogame Liebe zu glauben. Es ist egal, ob das nun an familiärer Konditionierung oder am Konsum von Welt- oder Schundliteratur liegt. In punkto Monogamie besteht ein gesamtgesellschaftlicher Konsens, von dem Politiker sonst nur träumen können.

Manchmal entpuppt sich der Traumprinz eben doch als Frosch.
Foto: sxc.hu
Leider wird dieser schöne Traum von heiliger Zweisamkeit noch schneller und grundlegender zerstört als der Glaube an die Wende auf dem Arbeitsmarkt. Hier wie da sprechen die nackten Zahlen eine ganz andere Sprache als der hoffnungsvolle Mensch. Man muss also nicht mal einem besonders unsoliden Lebenswandel frönen, um sich eher früher als später in das große Heer der Betrogenen einreihen zu können (ja, auch in das der Betrüger, dazu kommen wir noch). Auch Traumprinzen sind meist nichts als Illusionisten, die auf einem Esel sitzend vorgaukeln, sie kämen auf einem Schimmel in die Stadt geritten.

Derart desillusioniert ist man nach einer gewissen Phase der Trauer schon eher geneigt, den Menschen zu glauben, die das Loblied auf Sex ohne Liebe singen. Je nach persönlicher moralischer Integrität beginnt man dann, entweder ebenfalls munter den Partner zu betrügen oder man experimentiert mit alternativen Lebens- und Liebesformen. One-Night-Stands, zwangloser Sex mit guten Freunden, offene Beziehungen, Polygamie in Reinkultur. Was auch immer Herz und Lenden begehren, die Bandbreite ist riesig.

Natürlich dauert es geraume Zeit, meist ein paar Jahre, bis man sich von der Prinzessin auf der Burg zur sinnenfrohen Schlampe gewandelt hat. Nicht selten ist man so um die 30, wenn man feststellt, dass Sex mit Gefühl, aber ohne Liebe tatsächlich gut tut. Dass man offene Beziehungen führen kann, ohne von seiner Unsicherheit und Verlustangst bei lebendigem Leib gefressen zu werden.

Dass man vor allem auch selbst diese Offenheit nutzen und genießen kann und sie nicht nur zähneknirschend dem Mann einräumt, der schon viel früher darauf gepocht hat. Kurz, in dieser Phase kann man verdammt viel Spaß mit ziemlich unterschiedlichen Menschen haben, wenn man bereit ist, sich nicht länger an die allgemeingültige Illusion von lebenslanger Monogamie zu klammern.

Aber auch hier hält das Leben die üblichen Tricks bereit und wie immer, wenn man gerade glaubt die Welt verstanden zu haben, passiert etwas Unvorhergesehenes: Die Männer spielen nicht mehr mit. Die haben nämlich etwas früher begonnen mit dem munteren Reigen und haben sich nun müde gespielt. Und jetzt wollen sie ins Bett und sich erholen. Und zwar in einem Bett, in dem außer ihnen keine anderen Gelegenheitsspielgefährten mehr Platz nehmen dürfen.

Vielleicht sind sie übersättigt, vielleicht packt sie zusammen mit den ersten grauen Haaren und der Einsicht in die Unausweichlichkeit des eigenen Alterungsprozesses plötzlich die Verlustangst. Auf jeden Fall werden genau die Männer, die vorher noch die freie Liebe gepredigt haben, mit Mitte 30 ganz plötzlich handzahm. Und häuslich. Und vor allem absolut monogam. Kompromisslos monogam.

Sie benehmen sich so wie viele Frauen mit Anfang 20. Sie glühen feuerrot vor Eifersucht, werden übertrieben anhänglich, kontrollsüchtig, würden am liebsten eine symbiotische Existenz mit ihrer Partnerin führen und haben plötzlich reges Interesses an einem Überwachungsstaat. Leider hat die Frau ihres Herzens gerade erst den Spaß am hemmungslosen Sex in den unterschiedlichsten menschlichen Kombinationen entdeckt und möchte nach einem langen, schmerzhaften Umlernprozess nicht gleich wieder zurück in den Turm.

Das komplizierteste aller Spiele geht in eine neue Runde...

Lyssa

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