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 Zu mir oder zu Dir?Spätestens seit dem Auszug bei Muttern stellt sich für die meisten nach einem der ersten Dates die altbekannte Frage: "Zu mir oder zu Dir?" Eine Ausnahme bilden da nur diejenigen, die den Rücksitz eines Fiats aus nostalgischen Gründen für romantisch halten oder sich ihr Cabrio extra mit beheizten Ledersitzen haben ausstatten lassen, damit sie trotz strapaziösen Gebrauchs auch weiterhin fleckenfreies Fahrvergnügen garantieren können.
Aus Sicherheitsaspekten wird Frauen oft geraten, die Nacht lieber in der eigenen Wohnung zu intensivieren, anstatt sich auf das Wagnis seiner Wohnung einzulassen, von der niemand so genau weiß, wie viele männliche Mitbewohner im entscheidenden Moment plötzlich auftauchen mögen oder ob man sie selbst je wieder unbeschadet verlassen wird. Trotzdem sind die Vorteile seiner Wohnung für die erste oder auch einzige Nacht nicht zu unterschätzen. Falls man dem Mann ausschließlich aus hormonellen Gründen in die Arme gelaufen ist, so kann man sich nach dem Abklingen der Lust und damit nach Wiedereinsetzen der Hirnaktivität dezent verabschieden, ohne sich die Erinnerung an eine leidenschaftliche Nacht durch betretenes Schweigen beim Kaffee am nächsten Morgen trüben zu lassen. Denn nicht jeder talentierte Liebhaber weiß seinen Mund auch in einer gepflegten Konversation geschickt einzusetzen. Aber auch wenn man auf weitere Nächte hofft, sollte man sich die Begutachtung seiner Wohnung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt nicht entgehen lassen, denn der Zustand seiner Behausung sagt mehr über den Mann aus als seine körperliche Verfassung. So muss zum Beispiel vor Männern mit verspiegelten Schlafzimmern gewarnt werden, auch wenn viele solche Räumlichkeiten im privaten Bereich für einen reinen Mythos halten. Der Mann im Spiegel kann den knackigsten Hintern der Galaxie haben, für eine Beziehung wird er eher nicht taugen, denn alles, was ihn interessiert, ist der Anblick seines eigenen Hinterns in Aktion in einem eben jener Spiegel. Abzuraten ist meist auch von Männern, die noch die Aktbilder diverser Exfreundinnen in der Wohnung hängen haben, ganz egal wie künstlerisch wertvoll sie auch sein mögen. Die Chancen stehen gut, dass man sich selbst auch bald nach den ersten Nächten und der anschließenden Fotosession in der Galerie der Exfreundinnen wiederfinden wird. Männer mit pedantisch sauberen, geradezu kargen Wohnungen sind da schon wesentlich zuverlässiger. Allerdings sollte man hier darauf achten, dass nicht etwa die Mutter für Ordnung und Wäsche im Haushalt zuständig ist, sonst kann man ihm nie Souvenirs aus zarter Spitze hinterlassen, ohne beim nächsten sonntäglichen Kaffeetrinken Mutters hochgezogene Augenbrauen ertragen zu müssen. Daß man sich nicht mit Männern einlassen sollte, die jenseits der 25 noch direkt im Hotel Mama logieren, bedarf eigentlich keiner weiteren Erwähnung. Schwierig kann auch die Beziehung mit einem Chaoten werden, da man Gefahr läuft, als weiteres Fundstück in seiner Behausung unterzugehen, wenn er eines Tages komplett den Überblick über Wohnung und Leben verliert. Allerdings kann man sich in einem solchen Fall immer noch das Chaos zunutze machen, indem man nach dem nächsten Objekt greift und sich durch einen beherzten Wurf schmerzhaft wieder in Erinnerung ruft. Wer also ein interessantes Exemplar mit halbwegs liebevoll eingerichteter Wohnung ohne grobe Ausrutscher in die eine oder andere Richtung des Extremwohnens gefunden hat, sollte unbedingt länger daran festhalten – oder aber ihn zu mir schicken. Lyssa Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen: |
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