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Die Frau im besten Alter

Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen, zumindest nicht, wenn sie im gleichen Alter sind und ihre sexuellen Vorstellungen unter eine Decke bringen sollen.

Eine Umfrage der Zeitschrift FÜR SIE ergab kürzlich, dass Probleme beim Sex ein Trennungsgrund für die überwiegende Mehrheit der Frauen ist. Da mag man sich als Leser zunächst wundern, denn schließlich gelten traditionell eher Männer als diejenigen, für die Sex ein alles dominierender Faktor in einer Beziehung ist.

Aber dann wirft man einen Blick genaueren Blick auf die Umfrage und stellt fest, dass sie Frauen im Alter zwischen 30 (also eher diejenigen, die FÜR SIE nur dann lesen, wenn beim Zahnarzt alles außer dem »Karius & Baktus«-Comic schon vergriffen ist) und 55 (diejenigen, die schon seit 20 Jahren die Rezept- und Dekotips ausschneiden und abheften) befragt haben. Und dann ist plötzlich alles klar.

Der Evolution ist nämlich ein kleiner Fehler unterlaufen, was sexuell erfüllte Beziehungen zwischen etwa Gleichaltrigen betrifft und der magische Wendepunkt, an dem das Verhältnis plötzlich kippt, liegt so etwa um die 30. Bis dahin darf man sich getrost des Klischees vom widerwilligen Weibchen und dem nimmersatten Jäger bedienen, denn so sieht die traurige Realität in vielen Fällen aus.

Männer mutieren mit der Pubertät zu Wesen, die irgendwo im Hirn einen sehr wackeligen Kippschalter haben, der schon bei der leisesten Ahnung eines sexuellen Schlüsselreizes sehr bereitwillig auf reine Hormonsteuerung umschaltet. Sie können (und wollen vor allem) nahezu ständig Sex haben und sind bereit, dafür so einiges zu investieren und sich auf die waghalsigsten Experimente einzulassen. Leider fehlt ihnen oft die nötige Erfahrung, um das Experiment für beide Seiten erfreulich zu gestalten.

Mit 30 scheint dieser Schalter dann immer unbeweglicher zu werden, weil plötzlich andere Dinge wie Karriere, Familie, häusliche Gemütlichkeit oder sonstwas wichtiger geworden sind. Außerdem macht der Körper plötzlich sehr deutlich klar, dass er nicht länger gewillt ist, jede Anstrengung in Kauf zu nehmen. Wozu also noch Mittwoch Sex haben, wenn man doch schon Dienstag beim Squash geschwitzt hat und sich am Samstag eh wieder zwischen den Laken abmühen muss. Jetzt hat Mann zwar die erforderliche Übung, aber ach, diese Anstrengung...

Leider, leider ist es bei Frauen meist genau umgekehrt. Mir sind nur wenige Frauen begegnet, die von befriedigenden Erfahrungen mit Anfang 20 berichten können. Natürlich hat man trotzdem Sex und findet es auch irgendwie »nett«, ist ja auch nicht schlecht fürs Selbstbewusstsein und das Dazugehörigkeitsgefühl, aber so ganz kann man doch nicht verstehen, warum wegen dieser zehn Minuten peinlicher Stöhnerei Kriege begonnen haben sollen.

Ich fand Sex in dem Alter sogar dermaßen entbehrlich, dass es mir die ganze Aufregung inklusive Schwangerschaftsparanoia nicht wert zu sein schien. Also erklärte ich meinem damaligen Freund nach dem dritten Mal recht resolut, dass wir gerne weiterhin gemeinsam in unseren schwarzen Existenzialistenrollkragenpullovern im Museum knutschen könnten, aber der Sex wurde komplett vom Speiseplan gestrichen. Ich würde mich heute gern bei ihm für meine Unerbittlichkeit entschuldigen, aber er redet seither nicht mehr mit mir.

Mit Anfang 20 sind die meisten Frauen viel zu verkrampft, um guten Sex, geschweige denn weltbewegende Orgasmen haben zu können. Erst so um die 30 hört man auf, sich ständig Gedanken über Cellulite zu machen (weil man sie im Zweifel jetzt hat und sie auch durch größtmögliche gedankliche Anstrengung nicht wieder weggehen wird), über unvorteilhafte Positionen (die Schwerkraft und so) oder darüber, ob man sich nun zuviel oder zuwenig, zu laut oder zu leise bewegt.

Mit 30 hat man endlich ein wenig Gelassenheit und Gnade mit sich selbst dazu gewonnen und einiges über Entspannung gelernt. Man kann sich vielleicht sogar seine schmutzigen Fantasien eingestehen ohne dabei leuchtend rot zu werden. Und dann kann man plötzlich auch hemmungslosen, sicherlich in der Geschichte noch nie dagewesenen, absolut fantastischen Sex haben.

Aber dann ist der Kerl meist auch schon 30+, kommt Dienstags vom Squash und will statt Sex lieber die Tagesthemen gucken. Was bleibt einem da noch, außer neugierigen FÜR SIE Marktforschern das Herz auszuschütten und insgeheim mit einem jugendlichen Lover zu liebäugeln?

Lyssa

Wer nicht bis zum nächsten Dienstag warten kann, kann täglich Lyssas Tagebuch lesen:
http://www.lyssas-lounge.de/peepshow

stadtgeflysster
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